Besorgte Schweizer investieren in private Stromerzeuger

Besorgte Schweizer investieren in private Stromerzeuger

Die drohende Energieknappheit beunruhigt viele Menschen in der Schweiz Schlussstein

Die Schweizer Behörden haben wenig getan, um sich auf eine mögliche Stromknappheit in diesem Winter vorzubereiten. Familien treffen also ihre eigenen Vorkehrungen.

Dieser Inhalt wurde am 23. August 2022 – 09:00 veröffentlicht

Im ganzen Land haben große und kleine Einzelhändler ein starkes Interesse an Notstromsystemen bei Kunden gemeldet, die einen drohenden Stromausfall befürchten.

Alex Hammerley, Sprecher des führenden Schweizer Online-Händlers Digitec Galaxus, sagte gegenüber SWI swissinfo.ch: „Wir haben im Juli dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahresmonat neunmal so viele mobile Kraftwerke und mehr als viermal so viele Stromgeneratoren verkauft 2021. „.

Die Schweizerinnen und Schweizer haben eine lange Geschichte der Krisenvorsorge. Die berühmten unterirdischen Bunker des Landes bieten Platz für alle Einwohner und mehr, und der jährliche Sirenentest überrascht nur Touristen. Das Motto «Kluger Rat, Notvorrat» ist über ein halbes Jahrhundert alt und hat Generationen von Schweizerinnen und Schweizern geprägt.

Daher ist es nicht verwunderlich, dass Hersteller und Händler angesichts der anhaltenden globalen Energiekrise jetzt mit einem Ansturm auf tragbare Kraftwerke und Stromgeneratoren konfrontiert sind. Werner Luggenbull, Präsident der Eidgenössischen Elektrizitätskommission, ist der oberste Elektrizitätsbeamte des Landes. im Gespräch mit der Zeitung Neue Zürcher Zeitung Anfang dieses Monats riet Luginbühl den Menschen, Kerzen und Feuerholz zu kaufen – ein Kommentar, der ihm Kritik einbrachte.

Kerzen sind in der offiziellen Liste der Notversorgungsempfehlungen für jeden Haushalt ebenso enthalten wie Batterien. Stromgeneratoren sind es nicht. „Empfehlungen für die Anschaffung von Notstromaggregaten gibt es nicht“, sagt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz.

Unternehmen in Deutschland kontaktieren

Diesen Sommer reisten einige Journalisten aus Deutschland in die Schweiz, um über die vielen Notunterkünfte und das Vorsorgedenken zu berichten. Bei der individuellen Notstromversorgung tut Deutschland jedoch mehr.

2015 veröffentlichte das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe einen Informationsfilm, in dem Einzelpersonen und Nachbarschaften aufgefordert werden, sich nach Notstromaggregaten oder kompletten Notstromanlagen zu erkundigen.

Ein Sprecher des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe sagte gegenüber SWI swissinfo.ch, dass der Film auf YouTube immer noch eine gewisse Popularität genießt und der Inhalt im Wesentlichen noch heute gültig ist. „Wir raten allen, die Angelegenheit im Rahmen ihrer eigenen Notfallvorsorge zu untersuchen und Vorkehrungen entsprechend ihren persönlichen Bedürfnissen sowie ihren individuellen Möglichkeiten zu treffen“, sagte er.

Anders als die Schweiz hat Deutschland zudem private Unternehmen aufgerufen, nicht nur Energiesparstrategien zu identifizieren, sondern sich auch auf mögliche Energieengpässe vorzubereiten.

Patrick Gration, Staatsminister im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, hat Anfang Juli alle privaten Unternehmen zum Kauf von Notstromaggregaten aufgerufen. Ziel ist es, dass Unternehmen im Notfall 72 Stunden lang mit eigener Energie versorgt werden können.

Neben Geräten, die auf wenige hundert bis tausend Franken geschätzt werden, werden professionelle Notstromsysteme auch von vermögenden Privatpersonen in der Schweiz nachgefragt. Die Kosten für die Anmietung einer Notstromanlage eines Schweizer Anbieters zur Versorgung einer Villa für sechs Monate betragen 100.000 Schweizer Franken (104.400 US-Dollar), wie aus einem Bericht des öffentlich-rechtlichen Schweizer Fernsehens SRF hervorgeht.

Lieferung eines Stromgenerators an einen privaten Käufer SRF

Aber nur weil jemand Geld hat, heißt das noch lange nicht, dass er ein solches System haben kann: Laut SRF ist die Nachfrage höher als das Angebot, sowohl im In- als auch im Ausland.

Privatfamilien stehen auf der Prioritätenliste an letzter Stelle. Menschen in der Schweiz, die Vorsorge treffen wollen, können also unabhängig von ihrer finanziellen Situation kurzfristig keine Energieunabhängigkeit erreichen.

Stromausfälle sind wochenlang nicht zu erwarten

Tatsächlich zu kaufende Geräte würden nicht einmal bei einem Stromausfall über Wochen eine Versorgung garantieren. Im Juli verkaufte Digitec Galaxus dreimal mehr tragbare Kraftwerke (große Batterien, die oft aus der Steckdose geladen werden) als Stromgeneratoren. Ein einzelnes Kraftwerk kann jedoch nur für sehr kurze Zeit Strom für eine ganze Familie liefern.

Für benzinbetriebene Generatoren gelten hingegen besondere Brandschutzbestimmungen: Maximal 25 Liter Benzin dürfen die Bewohner in Kanistern und maximal 100 Liter in einem Schutzschrank in jedem Kellerraum lagern. Stromgeneratoren verbrauchen zwischen 1 und 3 Liter Benzin pro Betriebsstunde. Irgendwann werden auch die Vorsichtigsten im Kerzenschein stehen.

Doch ein wochenlanger Stromausfall in diesem Winter erscheint den meisten Experten unwahrscheinlich. Das Risiko eines Stromausfalls wurde von den Behörden jedoch bis Mitte August als sehr wahrscheinlich eingeschätzt.

Ein Mangel bedeutet jedoch nicht gleich einen Stromausfall. Schweizer Behörden setzen auf öffentliche Aufrufe zum Energiesparen, aber wenn diese nicht ausreichen, werden einige Geräte verboten. Als letztes Mittel werden große Unternehmen auf einen maximalen Stromanteil beschränkt. Als letztes Mittel soll laut Notfallplan das Stromnetz für Haushalte für eine Stunde abgeschaltet werden.

„Jede Kilowattstunde zählt“

Gemäss Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung ist die Versorgungslage in der Schweiz derzeit sicher. Allerdings droht im Winter auch Erdgasknappheit. Energieministerin Simonetta Sommaruga hatte Anfang Juli angekündigt, dass sie mit einer solchen Knappheit rechne.

Bis Mitte August bereitete das Zusammenspiel von Strom und Heizung den Behörden und Stromproduzenten Kopfzerbrechen: Waren viele Menschen im Winter auf mobile Elektroheizungen angewiesen, weil sie es trotz Gasmangel warm und gemütlich haben wollten, blieb die Stromsituation allein schlechter werden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Besitzer mehrerer neu gekaufter und an der Steckdose aufgeladener tragbarer Kraftwerke beabsichtigen, damit eine elektrische Heizung zu betreiben.

„Angesichts der kritischen winterlichen Versorgungslage zählt heute mehr denn je jede Kilowattstunde – vor allem jede eingesparte Kilowattstunde“, sagte ein Sprecher des Schweizerischen Elektrizitätswerks VSE am 11. August.

Eine Woche später können Energieunternehmen und Behörden aufatmen. Die Bundesregierung hat den Wunsch signalisiert, Verträge mit Unternehmen abzuschließen, die kurzfristige Engpässe im Stromnetz mit sogenannten Ersatzkraftwerken ausgleichen können. Einige dieser Öl- und Gaskraftwerke sind professionelle Notstromaggregate, die von privaten Unternehmen geliefert werden.

Herausgegeben von Balz Rigendinger; Aus dem Deutschen übersetzt von Catherine Hekeley / GW

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